Über 20 Veranstaltungen bei den Mediatagen Nord 2011
Das
aktuelle Programm der Mediatage Nord, die in diesem Jahr unter dem
Leitthema „ganz schön digital“ stehen, wurde heute im Kieler Haus der
Wirtschaft vorgestellt. Vom 14. bis 18. November 2011 beleuchten mehr
als 20 Veranstaltungen den digitalen Alltag im Berufs- und Privatleben.
Sie vermitteln Kompetenz im Umgang mit den neuen digitalen Medien und
zeigen, ganz praktisch, neben den vielen Möglichkeiten auch ihre Grenzen
auf. Die kostenlosen Veranstaltungen (mehr: mediatage-nord.de) bieten den Nutzern eine
Orientierung in der digitalen Welt. Dabei stehen Wirtschaft und Medien
ebenso im Zentrum, wie Eltern, Pädagogen und die Nutzer selbst.
Morgens
klingelt der Wecker vom Smartphone, es holt sich aus dem Internet die
neuesten Nachrichten und präsentiert sie mit digitaler Stimme. Zwischen
Bad und Frühstück werden noch schnell die E-Mails gecheckt und dank GPS
lassen sich auf dem Weg zur Arbeit die meisten Staus umfahren. Das Handy
erinnert an die nächsten Termine, die der Chef eben noch eingestellt
hat. In der Pause muss im Browserspiel noch das virtuelle Feld bewässert
werden, damit auch die Kürbisse ordentlich wachsen. Über die sozialen
Netzwerke wird die Verabredung zum Mittagessen getroffen und die Karten
fürs Kino am Abend sind schon per Tastendruck vorbestellt.
„Ganz
schön digital ist unsere Welt geworden“, resümierte Rainer Bock,
stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK zu Kiel. Die
Digitalisierung verändere das Freizeitverhalten und sei aus Wirtschafts-
und Arbeitswelt kaum mehr wegzudenken. „Sie überwindet räumliche
Distanzen und schafft neue Kommunikationsmöglichkeiten.“ Immer enger
werde die digitale Welt mit dem realen Leben verwoben. Statt allein auf
technisch immer leistungsstärkere Geräte zu setzen, stünden heute vor
allem Emotionen und Ästhetik im Zentrum der Entwicklung. „Die
Digitalisierung schafft sowohl wirtschaftlich als auch sozial und
kulturell neue Räume“, so Bock. Sie öffne neue Wege zur Teilhabe. „Das
birgt Chancen und Risiken zugleich.“
Als
Technik-Kompass werden neue Schnittstellen zum Kunden unter die Lupe
genommen. Virtuelle Währungen, wie „Bitcoins“ oder „facebook-credits“
stehen dabei ebenso im Fokus, wie Bezahlsysteme in der realen
Einkaufswelt, bei denen man künftig statt der EC-Karte an der Kasse das
Handy zückt. „Mit dem Smartphone kann man viel mehr machen als nur zu
telefonieren, Kurznachrichten oder E-Mails zu schreiben“, sagte Bock.
Unternehmen würden die Potenziale und Wettbewerbsvorteile der Geräte
häufig gar nicht ausnutzen. „Vom elektronischen Fahrtenbuch über
Angebotskalkulationen bis hin zur Anlagen- und Systemsteuerung stellen
wir Apps vor, die den Geschäftsalltag erleichtern.“
Auch
der aktuellen Debatte um facebook stellen sich die Mediatage. „Die
Gesetze hinken den rasanten Entwicklungen im Bereich der neuen Medien
hinterher. Die bestehenden rechtlichen Regelungen lassen sich nicht
problemlos auf neue technischen Entwicklungen anwenden –
Rechtsunsicherheit ist die unbefriedigende Folge“, so Bock.
Unzureichende rechtliche Rahmenbedingungen im Spannungsfeld zwischen
Datenschutz- und Nutzerinteressen sollen beleuchtet werden.
Ein
weiteres Schwerpunkthema sind die neuen Möglichkeiten bei der Schaffung
künstlicher Realitäten. „Alle sprechen von einer Konvergenz der Medien.
Zurzeit erleben wir aber eine Konvergenz von virtueller Realität mit
der Wirklichkeit“, sagte Dr. Bernd Bösche, Geschäftsführer der
Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH
(WTSH). „Augmented Reality, also die um virtuelle Elemente erweiterte
Realität, hält dank iPhone, iPad & Co. Einzug in Marketing und
Vertrieb. Wie von Zauberhand erscheinen Symbole über den Häusern einer
Stadt, die freie Wohnungen anzeigen, Legosteine bauen sich von selbst
außerhalb der Produktverpackung auf und Personen in Zeitschriften
erwachen zum Leben – hier entsteht ein riesiger neuer Markt, den wir in
Schleswig-Holstein nicht verpassen sollten.“
Dr.
Wolfgang Bauchrowitz, stellvertretender Direktor der Medienanstalt
Hamburg / Schleswig-Holstein (MA HSH), verwies darauf, dass sich die MA
HSH in diesem Jahr bewusst für eine Vormittagsveranstaltung zum Thema
„Politischer Extremismus im Netz – Erscheinungsformen und ganz reale
Gefahren“ und erstmals ausdrücklich für die Zielgruppe Schülerinnen und
Schüler entschieden habe. Der MA HSH sei es wichtig, dass Jugendliche
dafür sensibilisiert würden, wie Medien wirken und wie sie auch selbst
durch Medien manipuliert werden können. Denn dieses Wissen – diese
Medienkompetenz – befähige sie, sich bewusst für oder gegen bestimmte
Inhalte zu entscheiden. „Das gilt im besonderen Maße für die kaum noch
überschaubaren und erst recht nicht lückenlos kontrollierbaren Inhalte
im Internet“, so Bauchrowitz weiter.
Ganz
verspielt mit einem ernsten Thema gibt sich in diesem Jahr der
Mediagifel. Wer spielt, der vertreibt sich die Zeit, kommuniziert und
sorgt für Umsatz. So könnte man das sogenannte „social gaming“
zusammenfassen. Die kostenlosen Computerspiele, die sich ohne große
Vorkenntnisse spielen lassen und meist Teil sozialer Netzwerke wie
facebook oder myVZ sind, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Auch
wenn die Unterhaltung und Kontaktpflege im Vordergrund stehen, sind die
Browserspiele ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. „Aber alles hat zwei
Seiten, auch Computerspiele“ erklärte Peter Willers, Leiter des Offenen
Kanals Schleswig-Holstein (OKSH). Beim MediaGipfel gehe es deshalb
sowohl um die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die die Games böten, als
auch um die notwendige Medienkompetenz der Spieler. Darin sieht Peter
Willers auch eine Chance: „Befürwortende Medienarbeit schließt einen
präventiven Jugendmedienschutz mit ein. Dafür braucht es gute Ideen und
gerne auch die Offenheit der Wirtschaft.“
Für
den Medienpädagogen Jens Wiemken sind Computerspiele
Erziehungswirklichkeit und -herausforderung zugleich. Er ist Gutachter
bei der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle, beobachtet seit Jahren
die Entwicklung der „social games“ und sitzt im Zweiergespräch
Bigpoint-Unternehmenssprecher Nils-Holger Henning gegenüber. Das
Hamburger Unternehmen ist ein weltweit agierender Anbieter von
Online-Computerspielen und machte nach eigenen Angaben 2010 in diesem
Bereich einen Umsatz in dreistelliger Millionen-Euro-Höhe, Tendenz
steigend.
Dass
sich die mediale Welt immer stetig weiter entwickelt, zeigt vor allem
auch die Historie des Offenen Kanals Schleswig-Holstein. „Seit 1991 sei
die Teilhabe der Bürger an den Medien bei uns gelebte Praxis“, sagte
Willers zum Jubiläum des Sende-Selber-Senders. „20 Jahre und immer
wieder anders“, fasste er die zwei Jahrzehnte Medienarbeit zusammen. Die
Medienwelt werde sich weiter verändern – und der Offene Kanal mit ihr.
„Darüber wollen wir mit unseren Geburtstagsgästen bei den Mediatagen
gemeinsam nachdenken“, lud er zur Diskussionsrunde ein.
Die
Mediatage Nord sind zum elften Mal das schleswig-holsteinische Forum,
auf dem Unternehmen, Verbände und Institutionen aktuelle Themen und
Projekte aus den Bereichen IT, Multimedia, Telekommunikation,
audiovisuelle Medien, Medienwirtschaft, -technik, -politik und -bildung
präsentieren und zur Diskussion stellen. Organisiert und koordiniert
werden die Mediatage Nord von der IHK Schleswig-Holstein, der
Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein (MA HSH), der
Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH
(WTSH) und dem Offenen Kanal Schleswig-Holstein (OKSH).