OK und Hörfunk
Position des OKSH anlässlich der Landtagsdebatte vom 20. Juni 2013
1 Ausgangslage
2 Was sind die Merkmale nicht-kommerziellen Lokalfunks
3 Wo ist der Offene Kanal betroffen?
4 Beschluss des Beirats des OKSH v. 21. Mai 2014
1 Ausgangslage
Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Torsten Albig, hat am 20. Juni 2013 für die Landesregierung im Landtag berichtet. Es gibt gute Gründe dafür, Meinungsvielfalt vor Ort zu fördern. Dafür müssten wir den rechtlichen Rahmen für Lokalfunk neu gestalten. (Prot. Landtag S. 2557). MP Albig hat des Weiteren berichtet, dass die Landesregierung inzwischen über Informationen, lokale Radio-Frequenzen betreffend, verfügt und die MA HSH zur Nutzung dieser Frequenzen um ein Gutachten gebeten hat. Dieses Gutachten lag am 20. Juni 2013 der Staatskanzlei vor, wird seitdem verwaltungsintern als Grundlage für weitere Maßnahmen zu Rate gezogen und ist nach wie vor nicht öffentlich.
In der weiteren Diskussion des Landtags spielten sowohl kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Varianten des Lokalradios eine Rolle. So äußerte Peter Eichstädt, MdL , SPD, (S. 2560)
Ob solche Angebote kommerziell oder nicht kommerziell sind, ist völlig offen. ……. Meine Damen und Herren, nicht kommerzieller Hörfunk ist interessant. Er kann ein belebendes Element der Kommunikation in einer modernen Bürgergesellschaft sein, wie viele Beispiele in der ganzen Bundesrepublik zeigen. Nicht kommerzielle lokale Sender können dazu beitragen, dass Menschen sich dort selbst aktiv einbringen oder sich zusätzlich zu den vorhandenen kommerziellen Printmedien oder regionalen Radiosendern informieren.
Rasmus Andresen, MdL, B 90/ Die Grünen, sagte u.a. (S 2561)
Neben der Geschäftstüchtigkeit der unterschiedlichen Radioprojekte, der formalen Möglichkeiten der Suche nach freien Frequenzen wollen wir aber auch diskutieren, ob für einige der Projekte eine stärkere Kooperation mit dem Offenen Kanal nicht der geeignetere Weg wäre.
2 Was sind die Merkmale nicht-kommerziellen Lokalfunks?
Die Strukturen und Aufgaben nicht-kommerziellen Lokalfunks (NKL) unterliegen keiner grundsätzlichen Definition; am ehesten kann die Formulierung im Niedersächsischen Mediengesetz von 2010 zu Rate gezogen werden. Dabei muss allerdings bedacht werden, dass in Niedersachsen seit 2002 NKL und Offener Kanal zu „Bürgerrundfunk“ verschmolzen.
§ 25 Grundlagen und Aufgaben des Bürgerrundfunks
(1) Die Landesmedienanstalt lässt die Veranstaltung von lokal oder regional begrenztem nichtkommerziellem Bürgerrundfunk zu.
…….
(3) Bürgerrundfunk muss
1. die lokale und regionale Berichterstattung sowie das kulturelle Angebot im Verbreitungsgebiet des Programms publizistisch ergänzen,
2. den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zum Rundfunk gewähren und
3. Medienkompetenz vermitteln.
Zur Aufgabe nach Satz 1 Nr. 1, das kulturelle Angebot im Verbreitungsgebiet zu ergänzen, gehört auch, dass die im Verbreitungsgebiet des Programms gebräuchlichen Regional- oder Minderheitensprachen zur Geltung kommen
3 Wo ist der Offene Kanal betroffen?
Von den Plänen, ein oder mehrere, werbefinanzierte Lokalradios in Schleswig-Holstein einzurichten, ist der OKSH nicht betroffen.
Die Pläne allerdings, nicht-kommerziellen Lokalfunk in Schleswig-Holstein einzurichten, überraschen. Seit über 10 Jahren verfolgt der Offene Kanal in Schleswig-Holstein, zuerst als Teil der ULR, seine Strategie als „Sender auf 10 Säulen“, das sich auch in dem Logo des OKSH wiederfindet. In der starken Säule „Lokalsender“ engagieren sich Bürgerinnen und Bürger, die Meinungsvielfalt vor Ort zu bereichern. Art und Ausmaß des Engagement ist dabei sehr unterschiedlich, sowohl vom Umfang der Sendezeit her als auch von der inhaltlichen Breite.
Aktivitäten, die eher nicht-kommerziellem Lokalfunk entsprechen als herkömmlichem Offenem Kanal, gibt es auch in den OKs Fernsehen, insbesondere aber in den drei OK-Radio-Standorten in Schleswig-Holstein. Dabei werden natürlich immer die Regelungen des OK-Gesetzes eingehalten, insbesondere findet die redaktionelle Arbeit durch Bürgerinnen und Bürger statt und nicht durch die OK-Mitarbeiterschaft. Die aktivsten dieser Gruppen, von denen sehr viele in den Außenstudios arbeiten, sind:
Einrichtung |
Beispiel |
OK |
|
Lokalradio Kiel |
Eine Gruppe von Nutzern strukturiert die „sendefreie Zeit“, z. B. mit musik-thematischen Sendungen. |
KielPod | Seit Juni 2007 berichtet die Kunstfigur „Caulius“ nahezu täglich in 5-minütigen Folgen aus und über Kiel. |
Radio Gaarden |
Radio Gaarden ist ein Stadtteilmagazin, dass Themen und Ereignisse aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Alltag des Stadtteils an die Öffentlichkeit bringt. |
Kieler Jugend Radio (KJR) |
Nicole und Erik geben Jugendlichen Infos über aktuelle Musik und angesagte Promis. |
AS „Campusradio Kiel FM“, Uni Kiel | In einem Raum des Studentenwerks sendet eine Gruppe von 15 Studierenden viermal wöchentlich je zwei Stunden Aktuelles vom Campus der CAU. |
AS „Campus RadioAktiv“
FH |
In einem Raum der FH Kiel sendet eine Gruppe, deren Aktivität Teil des Studienangebots ist und entsprechend hauptamtlich betreut wird, Aktuelles von Campus der FH Kiel. |
AS Norderstedt |
Radio Norderstedt ist die Radiostation der Willy-Brandt-Schule in Norderstedt. Gesendet wird bei TIDE in Hamburg. |
AS Bargteheide |
Radio Eckhorst, das Schulradio aus Bargteheide, sendet seit dem Schuljahr 2009/2010 Radio direkt aus der Schule. Gesendet wird bei TIDE in Hamburg. |
AS Pinneberg: Radio Pinneberg I+II |
Aus dem Geschwister-Scholl Haus und aus der Johannes-Brahms-Schule werden jugendrelevante Themen aus und um Pinneberg zum Thema gemacht. Gesendet wird bei TIDE in Hamburg. |
OK |
|
Lokalradio Lübeck |
Der gleichnamige e.V. sendet seit Jahren mit den Sendungen Lübeck FM – wir sind Lübeck!, Lübeck FM-Sport und Lübeck FM – Clubnight. Dieser Verein betreibt seit 2012 in einem Raum, den der OKSH im OKL zur Verfügung gestellt hat, ein eigenes Radiostudio. |
OK Wochenschau |
Wöchentliches lokalpolitisches Magazin mit Interviews, Berichten und Meldungen. |
Reflex – das Nachrichtenmagazin |
Wöchentliches lokalpolitisches Magazin mit Interviews, Berichten und Meldungen. |
RadioBadSegeberg-online.de | Wöchentliches lokales Magazin zu politischen, sozialen und schulpolitischen Themen aus Bad Segeberg. |
Senior und Seniora 50+ |
Seniorenrelevante Themen, als Magazin mit Reportagen, Berichten, Interviews gestaltet. |
Radio Mondiale |
Monatliches Magazin mit Interviews zu Themen aus dem Bereich Eine-Welt-Problematik und Fairer Handel. |
Lübecker Bildungsradio …. weiter mit Bildung |
Monatliches Magazin zu Fragen der Weiterbildung in Zusammenarbeit mit dem Verbund WeiterbildungLübeck und Ostholstein. |
Ohrensausen | Magazin mit Unterhaltungselementen und Studiogesprächen mit aktiven Menschen aus der Region. |
Engagiert – Vereine stellen sich vor |
Monatliches Magazin in dem jeweils Vertreter eines Vereins oder einer Initiative ihre Aktivitäten vorstellen. |
Dörti Talk |
Talksendung mit einem Studiogast aus Lübeck und Umgebung, der auch die Musik aussucht. |
Bürgerschaft live |
Übertragung der Sitzungen der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck |
Sendereihe Kultur en bloc |
Wöchentlicher, mehrstündiger Sendeplatz für Aufzeichnungen von Lesungen, Vorträgen und Diskussionen. |
Sondersendungen | Jährliche Veranstaltungen wie Bildungs- und Ausbildungsmessen, die Nordischen Filmtagen Lübeck und Stadtfesten (z.B. Ratzeburg) |
AS Ratzeburg: Bürger fragen – Experten antworten. |
Das Gesundheitsmagazin aus dem DRK-Krankenhaus Ratzeburg. |
AS Ratzeburg: KultuRZeit Ratzeburg |
Kultursendung aus dem AS Ratzeburg mit wechselnden Themen, auch Aufzeichnungen von Veranstaltungen aus Ratzeburg und Umgebung. |
AS Ratzeburg: Inselradio Ratzeburg |
Lokales Magazin mit Berichten, Interviews, Reportagen und Meldungen aus Ratzeburg. |
AS Travemünde: Travemünder Journal |
Stadtteilmagazin mit Berichten, Interviews, Reportagen und Meldungen aus Travemünde. |
AS Buntekuh: Radio Buntekuh |
Stadtteilmagazin mit Berichten, Interviews, Reportagen und Meldungen aus dem Lübecker Stadtteil Buntekuh. |
AS FH Lübeck |
Magazinsendungen zu Themen der Fachhochschule Lübeck und Universität zu Lübeck. |
OK |
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Westküste Aktuell |
Die Bürgerarbeiter Redaktion sendet täglich eine Stunde Nachrichten und Informationen aus Dithmarschen und Nordfriesland, nimmt regelmäßig an Pressegesprächen und Kreistags-/Rats-Sitzungen teil. |
Literadio | Literadio strahlt an jedem Dienstag Mitschnitte von Autorenlesungen aus dem Sendegebiet aus. Wiederholung am Sonntagabend. |
Kulturexpress | Einmal im Monat werden kulturelle Themen aus Dithmarschen und Nordfriesland aufgegriffen. |
OK Lokal |
ist die einstündige „Spielwiese“ der Praktikanten und FSJler im OK Westküste. Hier werden selbstproduzierte Beiträge, Umfragen und Moderationen gesendet. |
„Abgemischt“ | ist die wöchentliche Sendefläche für Live-Konzerte aus dem Sendegebiet zwischen NOK und dänischer Grenze. |
Das Wort zum Sonntag |
Der Kirchenkreis Dithmarschen organisiert jeden Sonntag die Produktion eines „Wort zum Sonntags“, das auf Westküste FM ausgestrahlt wird. |
FriiskFunk
(AS |
Eine feste Redaktion, die nicht vom OKSH finanziert wird, produziert hauptamtlich werktäglich eine Stunde Radio auf friesisch. |
HusFunk
(AS |
Das Radioprojekt mit Beschäftigten der Husumer Werkstätten sendet einmal wöchentlich aus dem Umfeld der Werkstätten. |
Freie RadioCooperative Husum(AS Husum I) |
Eine Redaktionsgruppe aus Nordfriesland mit drei bis fünf Akteuren sendet jeden Freitagnachmittag von 17 bis 20 Uhr aus dem Studio Husum vor allem Austauschbeiträge Freier Radios, aber auch lokale Themen. Aus Personalmangel wurde die Sendezeit während der Sommermonate auf zwei Wochenstunden reduziert. |
Kunst und Kultur aus Garding (AS Garding) |
Einmal im Monat berichtet der Journalist Werner Hajek eine halbe Stunde lang über Kunst und Kultur aus Garding und Eiderstedt |
Nordstrand Magazin(AS Nordstrand) |
Das Nordstrand Magazin sendet ein bis zwei Mal im Monat Gespräche mit Akteuren der Insel sowie Mitschnitte von Lesungen. |
OK |
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Campusradio Flensburg |
Aus einem Radiostudio im OKF werden „Radio on TV“ Beiträge gesendet, also Radiobeiträge zu einem Standbild im TV-Programm. |
AS = Außenstudio
Es ist dem OKSH gelungen, mit seinem Model des „Senders auf 10 Säulen“ auch denen einen Platz zu bieten, die in anderen Bundesländern eher als nicht-kommerzieller Lokalfunk einzuordnen wären. Es sind im OKSH keinerlei Anfragen der oben genannten Gruppen nach einer Ausweitung der Sendezeit bzw. zusätzlichen Sendeplätzen bekannt.
Bundesweit geht die Tendenz bei Bürgersendern, insbesondere bei Radio, eher in die Richtung Doppelstrukturen zu vermeiden und verschiedene nicht-kommerzielle Erscheinungsformen zusammen zu fassen. So wurde beispielsweise in Niedersachsen im Jahr 2002 aus den Offenen Kanälen, die ausschließlich Bürgerbeiträge sendeten, und dem NKL, der ausschließlich redaktionell arbeitete, der „Bürgerrundfunk“. Dort finden seitdem auf einer Frequenz sowohl redaktionell verantwortete als auch Beiträge von Bürgerinnen und Bürgern Platz.
Dieser Entwicklung hat sich auch der OKSH nicht verschlossen, indem er ehrenamtliche lokale Aktivitäten förderte. Grundsätzlich geht es ja um Beiträge von Bürgerinnen und Bürgern, unabhängig davon, ob diese in einer Vereinsstruktur oder als Individuen im OK aktiv sind. Eine Bestreben, so wie in Niedersachsen, hauptamtlich redaktionell zu arbeiten, gibt es im OKSH nicht.
Insgesamt kann der OK als Plattform, in dem andere Gruppen und Personen gleichberechtigt zu Wort kommen, eine gerechtere und interessenneutrale Mischung von Personen und Themen ermöglichen.
Um zu vermeiden, dass in Schleswig-Holstein Doppelstrukturen, die unnötige Kosten verursachen, entstehen und gleichzeitig die in der o.g. Landtagsdebatte formulierten Ziele zu erreichen, bietet es sich an,
den OKSH als Träger von Lokalfunk-Aktivitäten zu nutzen, damit dieser
Gruppen aller Art auf gesicherter organisatorischer Grundlage Sendegelegenheiten bietet.
Um dieses umzusetzen wäre keine Gesetzesänderung nötig, der OKSH müsste lediglich in seiner Satzung Höchstsendezeiten erweitern.
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4 Beschluss des Beirats des OKSH vom 21. Mai 2014
- Von den Plänen, ein oder mehrere kommerzielle, also werbefinanzierte Lokalradios in Schleswig-Holstein einzurichten, ist der OKSH nicht betroffen; insofern äußert er sich dazu nicht.
- Das Selbstverständnis des Offenen Kanals, auf der Basis des OK-Gesetzes Gruppen oder Einzelpersonen Rundfunkbeiträge zu ermöglichen, entspricht seinem Konzept für die Durchführung von nicht-kommerziellem Lokalfunk.
- Der OKSH stellt gern seine organisatorische Infrastruktur, seine Erfahrung bei der Aktivierung bei Bürgerinnen und Bürgern für die Medienpartizipation und sein technisches Knowhow für eine Ausweitung nicht-kommerziellen Lokalfunks in Schleswig-Holstein zur Verfügung.
- Da der OKSH an allen Hochschul-Standorten in Schleswig-Holstein, mit Ausnahme von Wedel und Rendsburg, bereits auf dem jeweiligen Campus Radiostudios mit Sendemöglichkeit betreibt, sieht er keine Notwendigkeit, Campusfunk zusätzlich zu forcieren.
- Für den Fall, dass sich bei der Suche nach Frequenzen an dem Standort Kiel eine Möglichkeit der besseren Versorgung des OK Kiel Radio, Kiel FM, ergibt, wäre der OKSH sehr dankbar.
- Konkret bietet der OKSH an, seine räumlichen und organisatorischen Möglichkeiten zu nutzen, insbesondere am Standort Flensburg. Dort betreibt der OKSH in seinem Medienzentrum und mit einem vorhandenen Radiostudio bereits einen Bürgerfunk, der problemlos zu terrestrischem Lokalfunk erweitert werden kann. Diesen räumlichen und organisatorischen Rahmen kann der OKSH, ohne dass weitere Kosten entstehen, beisteuern.
- Die Finanzausstattung des OKSH erlaubt keine zusätzlichen Ausgaben für Sendeleitungen oder -anlagen.