Offener Kanal Schleswig-Holstein (OKSH)
Bürgersender und E-Learning
1 Ausgangslage: E-Learning in Bürgersendern
Medienbildung ist mittlerweile Voraussetzung für die Teilhabe aller an gesellschaftlichen Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen. Medienbildung wird zunehmend auch Bedingung für den lebensbegleitenden Lernprozess. Viele Informationen, und Lernangebote und Wissensbausteine sind im Internet zu finden. Die „Ewigen Themen“ der Medienbildung (Bedeutung, Auswahl, Wahrheitsgehalt, Realitätsnähe, Wirtschaftlichkeit, Verflechtung)¹ werden durch Kompetenzen des
selbstgesteuerten Lernens erweitert: Lernziele definieren, Planung, Wissenssuche im Web, Relevanzprüfung, Selbstreflexion, digitale Kommunikation, digitale Inhalte erstellen, technisches Verständnis und Disziplin. Medienbildung bekommt hierdurch eine starken Bedeutungszuwachs in der gesamten Lebensbiografie.
Bürgersender sind eine der erfolgreichsten Anbieter von Maßnahmen zur Vermittlung von Medienkompetenz. In Schleswig-Holstein z.B. wurden im Jahr 2016 vom OKSH außerhalb unterrichtlicher Strukturen mit fast 2000 Aktivitäten mit Gruppen und unzähligen Einzelaktivitäten 20-30.000 Personen erreicht. Im Weiteren soll der OKSH als Exemplum² dienen, nicht als Maßstab. Der Erfolg der Medienbildungsaktivitäten gerade der Bürgersender beruht auf mehreren Säulen:
- Die Grundannahme der Bürgersender ist die der befürwortenden Medienbildung. Sie gehen davon aus, dass die Medien, so wie sie sind, im Alltag ihren Platz haben, dass ihre Nutzung Spaß macht und dass noch längst nicht alle Möglichkeiten bereits vorhandener Systeme bekannt sind oder genutzt werden. Dabei dürfen die Herausforderungen natürlich nicht verschwiegen werden.
- Die Aktivitäten werden methodisch modern durchgeführt (Parcourslernen,kompetenzorientierte Vermittlung, Arbeit in Kleinst- und Kleingruppen,Binnendifferenzierung, flipped claasroom, eLearning, stromlose Medienpädagogik….).
- Die Aktivitäten orientieren sich stets an aktuellen Technologien (2017: Virtual Reality,kreative Smartphonenutzung, 360ºVideos,, Schutz von Gesundheitsdaten, bots,Verschlüsselung….) und Inhalten (2017: fake news, alternative Fakten, hate speech…).
- Das Team wird ständig geschult und hat selbst hohe Medien- und pädagogische Kompetenzen.
- Wegen der Technikaffinität der Bürgersender als sendende Einrichtung sind sie weit besserals andere Einrichtungen in der Lage, techniknahe Lernprozesse zu organisieren.
Trotz dieser insgesamt positiven Voraussetzungen und großen Erfahrungen für technologiebasierte Lernprozesse ist im OKSH E-Learning in der Umsetzung keine Selbstverständlichkeit.
- Einerseits findet die Erstausbildung der ElternMedienLotsen und ihre Fortbildung von Anfang an etwa zur Hälfte über eine Echtzeit-Lernplattform (Adobe Connect) statt.
- Andererseits erfuhren die Kurse „Medien sind überall“ (40-stündige Fortbildungen für Erzieherinnen und Erzieher in Kita und Hort) erst dann eine substantielle Nachfrage, als die ursprünglich geplanten E-Learning Anteile vollständig gestrichen worden.
- Erfahrungen in der Durchführung von Seminaren mit Nutzerinnen und Nutzern liegen nicht vor.
Aus verschiedenen Gründen müssen sich aber Bürgersender noch mehr als in der Vergangenheit mit E-Learning auseinandersetzen und bisher auf andere Weise strukturierte Lernfelder auch online anbieten können.
- E-Learning bietet unbestreitbare Vorteile im ländlichen Raum, wenn es dort über eine ausreichende Internetverbindung gibt.
- E-Learning kann aber auch in städtischen Lebenssituationen denen eine Lernerfahrung bescheren, die aus gesundheitlichen, organisatorischen oder sozialen Gründen nicht in der Lage sind, eine Bildungseinrichtung körperlich aufzusuchen.
- E-Learning kann zu Effektivitätssteigerungen führen, wenn es gelingt, sich wiederholende Impulse auch als Wiederholung anzubieten.
- Die Vorhersage, dass E-Learning in Zukunft in der Schule eine größere Rolle spielen wird, ist naheliegend; dies betrifft sowohl den Unterricht als auch die Lehrkräfteausbildung. ELearning wird auf diese Weise alltäglich. Deshalb muss außerschulische Bildungsarbeit, auch in der Erwachsenenbildung, diesen Vermittlungsweg beherrschen und nutzen.
- Ebenso wenig schwer fällt die Vorhersage, dass der Ausbau der Breitbandversorgung und die massenhafte Präsenz von Smartphonen zu einer zunehmenden technischen Kompetenz beitragen wird. Damit liegt jede E-Learning Plattform auch gegenständlich in Bürgerhand.
- Letztlich kann der Einsatz von E-Learning aber auch eine politische Vorgabe sein, zum Beispiel in der digitalen Agenda des Landes Schleswig-Holstein.
Substanzielle Herausforderungen beim Einsatz von E-Learning sollen dabei nicht verschwiegen werden.
- Lernen, gerade außerhalb der Schule und der beruflichen Aus- und Fortbildung, ist auch immer ein soziales Ereignis.
- Unabhängig davon, ob individuelle Allergien gegen E-Learning auf Vorurteilen oder mangelnden Kompetenzen beruhen, ist diese Distanz in der freiwilligen Bildungsarbeit immer zu berücksichtigen.
- Gute E-Learning Programme erfordern einen hohen zeitlichen und technischen Programmieraufwand und verursachen auf diese Weise oft hohe Kosten.
- Die meisten E-Lernsituationen sind ausgezeichnet zur Vermittlung von Wissen und zur Weitergabe von Informationen. Methodisch entsprechen sie jedoch oft Jahrzehnte alten Lehrbüchern.
¹ Ausführliche Darstellung in „Aus- und Fortbildung im Offenen Kanal“, 2009, Punkt 3.7 (http://www.oksh.de/sh/informieren/positionen/aus_fortbildung.php)
² Im Weiteren grau hinterlegt.