Ausstellung im OK Kiel: Vladimir Sitnikov – TV
Unter
dem kurzen Titel TV zeigt der russische Künstler neue
Malerei in den Räumen des OK Kiel. 14 meist
großformatige Ölbilder alter Fernsehgeräte schauen
mit ihren dunklen Bildschirmen auf die Betrachter. Die Ausstellung
ist bis zum 26. Juni 2006 montags bis freitags von 10-20 Uhr und
donnerstags von 14-20 Uhr zu sehen.
Dr. Klára Erdei,
Fachreferentin für Kunstgeschichte an der Universitätsbibliothek
der Uni Kiel, beschreibt die Bilder der Ausstellung TV so:
Vielleicht sind sie ausgeschaltet
oder – so suggeriert ihre leicht verzogene Perspektive – eher
kaputt.
Im
Verständnis der Antike waren in dem Begriff "techne"
(Kunstfertigkeit) noch die Aspekte Technik
und Kunst vereint und entwickelten sich erst durch die Jahrhunderte
langsam auseinander.
Bedingt durch die kirchliche Trennung standen die "maniera
greca", die nach kanonisch
vorgeschriebenen Regeln funktionierende Ikonenmalerei des Ostens und
die "maniera italiana", eine freie,
bühnenhaft-illusionistische Malerei des Westens gegenüber.
Für Sitnikov verbindet der Fernseher den räumlichen
Holzkörper der Ikone mit der illusionistischen Darstellung des
Theaters oder Kinos.
Allerdings
sind seine Bildschirme von Holzkästen umrahmte stumme, dunkle
Quadrate in einer farbigen Umgebung. Dieser "dunkle Blick"
verweist auf die Verwurzelung von Vladimir Sitnikovs Kunst in der
Tradition der russischen Avantgarde, und man wird schnell an das
Schwarze Quadrat von Malewitsch erinnert. "Ich habe die nackte
Ikone meiner Zeit gemalt…" schrieb Malewitsch 1918.
Sitinikovs
Bilder setzen sich mit dem Suprematismus auseinander, sie sind eine
Art Gegengeste. Er malt die Ikone unserer Zeit, und wenn Malewitsch
den Ballast der alten Malerei um sein Quadrat herum zerstört und
weggeworfen hat, um in einen endlosen schwarz-weißen Raum
vorzustoßen, so werden bei Sitnikov diese alten Scherben wieder
um das Quadrat als Bildschirm gruppiert.
Diese
altmodischen, scheinbar nicht mehr funktionierenden Fernsehgeräte
sind im klassischen Sinne reduzierte Stillleben. Als solche sind sie
Symbole und zugleich Mahnung und Erinnerung an die Schnelllebigkeit
und Vergänglichkeit der Zeit, eine Art "Vanitas"-Reihe.
Wie ein gläsernes Auge schauen die Geräte den Betrachter
an, es findet eine "Auflösung des Fernsehens im Leben,
Auflösung des Lebens im Fernsehen – eine nicht mehr zu
unterscheidende, chemische Lösung"(Jean Baudrillard, 1978)
statt.“